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Ein seit März 2021 zugelassenes Therapeutikum bei schubförmiger Multipler Sklerose (RMS) erreicht nun den deutschen Markt.
Mit Ofatumumab, dem wirksamen Bestandteil von Kesimpta®, erweitert sich das Portfolio der Anti-CD20-Antikörper in der MS-Therapie. Das genaue Anwendungsgebiet von Kesimpta® umfasst die Behandlung von erwachsenen Patienten mit schubförmig verlaufender multipler Sklerose (Relapsing Multiple Sclerosis, RMS) mit aktiver Erkrankung, definiert durch klinischen Befund oder Bildgebung.
Anti-CD20-Antikörper sind nicht neu: ein bekannter, bereits eingesetzter Vertreter der Anti-CD20-Antikörper ist Ocrelizumab (Ocrevus®). Dieser wird bei der gleichen Indikation wie Kesimpta® und zusätzlich zur Behandlung erwachsener Patienten mit früher primär progredienter MS (PPMS) angewendet und als intravenöse Infusion alle sechs Monate ambulant verabreicht.
Das neue Ofatumumab weist jedoch besondere Eigenschaften auf: Zum einen handelt es sich um einen humanen, d. h. 100% menschlichen, Anti-CD20-Antikörper. Zum anderen bietet sich mit der Darreichungsform als subkutane Injektion mittels Fertigpen (Autoinjektor-Pen) den betroffenen Patienten erstmals die Möglichkeit einer einmal monatlichen Selbstinjektion im Rahmen einer B-Zell-Therapie.
Kesimpta® ist als Injektionslösung in Fertigpens mit 20 mg Ofatumumab erhältlich. Begonnen wird mit Initialdosen in den Wochen 0, 1 und 2. Anschließend folgt eine Woche ohne Injektion. Ab Woche 4 setzt dann das bereits erwähnte monatliche Applikationsschema an. Ihre erste Selbstinjektion sollten die Patienten zwar noch unter Anleitung von medizinischem Fachpersonal durchführen, danach kann aber ggf. zur vollständigen Selbstverabreichung übergegangen werden.
Der vollhumane monoklonale Antikörper Ofatumumab ist gegen CD20+ B-Zellen gerichtet. Er bindet an das Membranprotein CD20 auf der Oberfläche von B-Zellen. Dadurch kommt es zu einer Reduktion dieser B-Lymphozyten im Körper. Letztere spielen bei der MS eine entscheidende Rolle im Krankheitsgeschehen. Indem sie die Schutzschichten rund um die Nerven in Gehirn und Rückenmark angreifen, kommt es zu Entzündungen und Schädigungen. Durch die zielgerichtete Wirkung auf B-Zellen führt Kesimpta® zu verringerter Aktivität, sodass in Folge die MS-Symptome reduziert oder das Fortschreiten der Erkrankung verzögert werden kann.
Die Zulassung von Kesimpta® basiert auf den Ergebnissen von ASCLEPIOS I und ASCLEPIOS II. Dabei handelt es sich um zwei randomisierte, doppelblinde, aktiv kontrollierte Phase-3-Studien, in denen Ofatumumab gegen das MS-Arzneimittel Teriflunomid (14 mg Kapseln, einmal täglich) untersucht wurde. Bei den Studien erfolgte das Double-Dummy-Design: die Studienteilnehmer erhielten beide Arzneiformen, Kapseln wie subkutane Injektion, wobei es sich jeweils bei einer davon um eine Scheinbehandlung (Placebo) handelte.
Primärer Endpunkt der Studien war die jährliche Schubrate laut EDSS (Expanded Disability Status Scale). In beiden Phase-3-Studien konnte durch Ofatumumab im Vergleich zu Teriflunomid eine signifikante Reduktion der jährlichen Schubrate um 50,5% bzw. 58,5% vorgewiesen werden. Gemäß einer vorab festgelegten Metaanalyse der kombinierten Daten konnte zudem gezeigt werden, dass Ofatumumab im Vergleich zu Teriflunomid das Risiko für eine nach drei Monaten bestätigte Behinderungsprogression signifikant um 34,4% und für eine nach sechs Monaten bestätigte Behinderungs-progression signifikant um 32,5% senkte.
(Systemische) Injektionsbedingte Reaktionen können im Allgemeinen innerhalb von 24 Stunden und vor allem nach der ersten Injektion auftreten. Daher sollte die erste Injektion auch von entsprechend geschultem medizinischem Fachpersonal durchgeführt werden. In klinischen Studien wurde beobachtet, dass eine Prämedikation mit Steroiden nur einen begrenzten Nutzen hat. Bei Auftreten solcher Reaktionen soll daher eine symptomatische Behandlung erfolgen. Eine Prämedikation, wie sie bei vielen anderen MS-Medikamenten erfolgt, ist bei Kesimpta® nicht erforderlich.
Zu den häufigsten gemeldeten Nebenwirkungen von Kesimpta® gehören Infektionen der oberen Atemwege, systemische injektionsbedingte Reaktionen (v. a. Fieber, Kopfschmerzen, Myalgie, Schüttelfrost, Müdigkeit), Harnwegsinfektionen und Reaktionen an der Injektionsstelle (v. a. Rötung, Schmerzen, Juckreiz und Schwellung).
Eine Gegenanzeige für die Anwendung von Kesimpta® besteht unter anderem bei stark immungeschwächten Patienten, bei schweren aktiven Infektionen und bei aktiven malignen Erkrankungen.
Wie alle neuartigen Arzneimittel unterliegt auch Kesimpta® dem "Additional Monitoring", einer zusätzlichen Überwachung durch die Arzneimittelbehörden, um eine schnelle Identifizierung neuer sicherheitsrelevanter Erkenntnisse zu ermöglichen. Angehörige von Gesundheitsberufen sind daher aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung zu melden.
Quellen:
[1] Produktinformation (EMA) Kesimpta® 20 mg Injektionslösung in einer Fertigspritze Kesimpta® 20 mg Injektionslösung im Fertigpen; Novartis Pharma; Juni 2021.
[2] Veröffentlichung (EPAR - Medicine overview) EMA; 16. April 2021: Kesimpta®
[3] Fachinformation Ocrevus®; Roche; April 2021.
[4] Pressemitteilung Novartis; 30. März 2021: Novartis receives EU approval for Kesimpta® (ofatumumab), the first and only self-administered, targeted B-cell therapy for adult patients with relapsing multiple sclerosis.