Neue Therapie­option bei Netz­haut­erkrankungen

Nahaufnahme von einem Auge

Ein neuer Antikörper zur Behandlung bestimmter Formen der Makuladegeneration bzw. des Makulaödems ist jetzt verfügbar. 

Das neue Präparat Vabysmo® von Roche ist seit 15.10.2022 auf dem deutschen Markt erhältlich. Enthalten ist der erste bi-spezifische monoklonale Antikörper, der speziell für die intravitreale Anwendung entwickelt wurde. Vabysmo® ist zugelassen für die Behandlung der neovaskulären (feuchten) altersabhängigen Makuladegeneration (nAMD) und bei Visusbeeinträchtigung infolge eines diabetischen Makulaödems (DMÖ) bei erwachsenen Patienten. Diese Erkrankungen zählen weltweit zu den häufigsten Ursachen für den Verlust der Sehkraft und haben das Auftreten einer pathologischen Angiogenese gemeinsam. 

Bereits seit längerem zugelassene Wirkstoffe zur Therapie von nAMD bzw. DMÖ, wie Aflibercept und Ranibizumab, beschränken sich auf die Hemmung des vaskulären endothelialen Wachstumsfaktor VEGF-A. Der in Vabysmo® enthaltene bi-spezifische Immunglobulin-G1(IgG1)-Antikörper Faricimab neutralisiert neben VEGF-A zusätzlich auch Angiopoietin-2 (Ang-2) und hemmt so zwei entscheidende Signalwege der Pathogenese. 

Ang-2 verursacht eine vaskuläre Instabilität, indem es die Destabilisierung des Endothels, den Verlust von Perizyten und die pathologische Angiogenese fördert. Die vaskuläre Leckage und Entzündung wird so verstärkt. Außerdem sensibilisiert es die Blutgefäße für die Aktivität von VEGF-A, was zu einer weiteren Destabilisierung der Gefäße führt. 

Ang-2 und VEGF-A erhöhen somit synergistisch die Gefäßpermeabilität und stimulieren die Neovaskularisation - ihre duale Hemmung senkt die Gefäßpermeabilität, hemmt gleichzeitig Entzündungen sowie die pathologische Angiogenese und stellt die Gefäßstabilität wieder her. 

Faricimab wurde in je zwei Phase III-Studien auf Wirksamkeit und Sicherheit bei der Behandlung von nAMD und DMÖ untersucht. In allen vier Studien wurde ab dem siebten Tag eine Verminderung der mittleren okularen Konzentrationen von freiem Ang-2 und VEGF-A beobachtet. Außerdem zeigten mit Faricimab (nach monatlicher Initialphase, bis zu alle 16 Wochen) behandelte Patienten konsistent über zwei Jahre eine zu mit Aflibercept (nach monatlicher Initialphase, alle 8 Wochen) behandelten Patienten vergleichbare Verbesserung der Sehschärfe. Im Therapieverlauf konnten drei von vier Patienten mit nAMD oder DMÖ letztlich Behandlungsintervalle von 12 bis 16 Wochen erreichen. Eine Behandlung mit Vabysmo® kann somit unter Umständen die Belastung für den Patienten deutlich reduzieren. 

Die empfohlene Dosis beträgt 6 mg (0,05 ml Lösung) intravitreal alle 4 Wochen für die ersten 4 Dosen. Anschließend wird 20 und/oder 24 Wochen nach Einleitung der Behandlung eine Beurteilung der Krankheitsaktivität basierend auf den anatomischen und/oder visuellen Befunden empfohlen, um die Behandlung an den individuellen Patienten anpassen zu können. Bei Patienten ohne Krankheitsaktivität ist eine Verabreichung von Faricimab alle 16 Wochen zu erwägen. Bei Patienten mit Krankheitsaktivität besteht die Option, die Behandlungsintervalle auf alle 8 oder 12 Wochen zu verkürzen.  

Die am häufigsten berichteten Nebenwirkungen waren Katarakt (11 %), Bindehautblutung (7 %), erhöhter intra-okularer Druck (4 %), Mouches volantes (4 %), Augenschmerzen (3 %) und Einriss des retinalen Pigmentepithels (nur nAMD) (3 %). Die schwerwiegendsten Nebenwirkungen waren Uveitis (0,5 %), Vitritis (0,3 %), Endophthalmitis (0,3 %), Netzhauteinriss (0,2 %) und rhegmatogene Netzhautablösung (< 0,1 %).  

Wie alle neuen Arzneimittel unterliegt Vabysmo® einer besonderen Überwachung durch die zuständigen Behörden. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung zu melden. 

 

Quellen: 

[1] Fachinformation Vabysmo® 120 mg/ml Injektionslösung; Roche; September 2022 

[2] Pressemitteilung Roche; 19. September 2022: Jetzt zugelassen: Vabysmo® für die Behandlung von nAMD und DMÖ 

[3] Produktinformation (EMA) Lucentis®; Novartis; 11. Oktober 2022 

[4] Produktinformation (EMA) Eylea®; Bayer; 22. März 2022 

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