Kapruvia®: Neu bei CKD-assoziiertem Pruritus

Neues Arzneimittel zur Behandlung von moderatem bis schwerem Pruritus bei erwachsenen Hämodialyse-Patienten verfügbar.

Hinter dem Begriff Chronic Kidney Disease-assoziierter Pruritus (CKD-aP) verbirgt sich ein systemischer Juckreiz, der in direktem Zusammenhang mit einer Niereninsuffizienz steht. Dieser Juckreiz tritt bei Patienten unter Hämodialyse-Behandlung häufig auf.  Die European Kidney Patients Federation spricht von bis zu 70 % betroffenen Dialysepatienten. CKD-aP kann in Abständen immer wieder auftreten und verschwinden oder dauerhaft bestehen.  Da der intensive Juckreiz den ganzen Körper betreffen kann, ist der psychische und körperliche Leidensdruck für Patienten oft sehr hoch. Dennoch ist die Erkrankung oft zu wenig beachtet und unzureichend behandelt. Der CKD-aP kann in leichten bis hin zu schweren Formen auftreten, wobei Kapruvia® Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Ausprägung vorbehalten ist. 

Die Pathogenese dieser Erkrankung ist komplex und auch noch nicht vollumfänglich geklärt.  Mehrere Faktoren scheinen ursächlich an der Entstehung der CKD-aP beteiligt zu sein, unter anderem Fehlfunktionen innerhalb des körpereigenen Immun- und Opioidsystems. Bei Patienten mit Niereninsuffizienz werden von Zellen des Immunsystems vermehrt entzündungsfördernde Botenstoffe (Zytokine) ausgeschüttet. Diese binden an Zielstrukturen von peripheren Nervenzellen, wodurch das Juckreiz-Signal verstärkt weitergeleitet wird. Des Weiteren geht man davon aus, dass das Ausmaß der Erregbarkeit dieser peripheren Neuronen durch Opioid-Rezeptoren vom Typ µ und kappa gesteuert wird. Bei Aktivierung von µ-Rezeptoren folgt eine gesteigerte Erregbarkeit der Zellen, bei kappa-Aktivierung der gegenteilige Effekt. Bei CDK Patienten ist die Aktivität an µ-Rezeptoren erhöht.  

In diesen Ablauf greift nun der Wirkstoff Difelikefalin ein. Es handelt sich um einen selektiven kappa-Opioidrezeptor-Agonisten, der an Zielstrukturen auf Immunzellen und peripheren sensorischen Neuronen bindet. Zum einen werden durch Kopplung an Rezeptoren der Immunzellen weniger Zytokine ausgeschüttet, zum anderen kann durch Bindung an kappa-Opioidrezeptoren peripherer sensorischer Neuronen deren Erregbarkeit vermindert werden. Ein juckreiz- und entzündungshemmender Effekt kann so erzielt werden. 

In zwei doppelblinden, randomisierten, placebokontrollierten Studien konnte Difelikefalin bei erwachsenen Hämodialysepatienten eine Verringerung des verspürten Juckreizes erzielen. In beiden Studien (KALM-1 und KALM-2) erhielten die Patienten 3-mal wöchentlich nach der Hämodialyse Difelikefalin oder ein Placebo. In KALM-1 nahmen 378 Erwachsene Hämodialyse-Patienten teil. 51 % der Patienten aus der Kapruvia®-Gruppe berichteten von einer Verringerung des Juckreizes (mindestens 3 Punkte auf der Juckreiz Skala) versus 28 % unter Placebo. Bei KALM-2 waren es 473 erwachsene Teilnehmer mit 54 % verspürter Verbesserung in der Verumgruppe (mindestens 3 Punkte auf der Juckreiz Skala) zu 42 % der Placebogruppe. 

Difelikefalin ist nicht ZNS-gängig, wodurch das Auftreten von Nebenwirkungen verringert werden soll. Als unerwünschte Wirkungen traten bei der Anwendung von Kapruvia® am häufigsten auf: Somnolenz, Schwindelgefühl, Parästhesie (einschließlich Hypästhesie, oraler Parästhesie und oraler Hypästhesie), Kopfschmerzen, Übelkeit Erbrechen, Durchfall und Veränderungen des Gemütszustands (einschließlich Verwirrtheitszustand). Es handelte sich meist um eine leichte bis mittelschwere Ausprägung, die ohne schädliche Folgen blieb. 

Kapruvia® soll 3-mal wöchentlich am Ende der Hämodialysebehandlung verabreicht werden. Erhält der Patient eine zusätzliche 4. Dialyse, kann auch hiernach eine Dosis Difelikefalin gegeben werden. Mehr als 4 Dosen pro Woche sollten dem Patienten nicht verabreicht werden. Die Dosierung richtet sich dabei nach dem Körpergewicht des Patienten.  

Betroffene können nach circa 2 bis 3 Wochen mit dem Wirkeintritt von Kapruvia® rechnen. 

 

Quellen: 

[1] Produktinformation (EMA) Kapruvia®; Vifor Fresenius Medical Care Renal Pharma; 25.07.2022 

[2] Veröffentlichung (Medicine Overview) EMA; 28.04.2022: Kapruvia® (Difelikefalin) 

[3] Veröffentlichung Website viforpharma-pro.de: Kapruvia® (zugegriffen am 29.09.2022) 

[4] Veröffentlichung Website ekpf.eu: Kidney disease; White papers; Living with CKD-AP (zugegriffen am 29.09.2022) 

[5] Verduzco HA et. Shirazian S. Kidney Int Rep. Mai 2020; 8;5(9):1387-1402 

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