Weitere Indikation für Miso­prostol in Deutsch­land

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Ursprünglich zur Ulkustherapie zugelassen, kann Misoprostol nun auch im In-Label-Use zur Geburtseinleitung eingesetzt werden.

Misoprostol ist mit dem Präparat Cytotec® zur Behandlung von akuten Zwölffingerdarm- und Magengeschwüren sowie zur Vorbeugung und Behandlung von medikamentenbedingten Magenschleimhautschädigungen zugelassen. Darüber hinaus fand das Präparat jedoch auch im Off-Label-Use seinen Einsatz in der Geburtshilfe. Der pharmazeutische Hersteller Norgine B.V. bringt mit Angusta® nun ab 01. September das erste misoprostolhaltige Arzneimittel mit der offiziellen Indikation zur Geburtseinleitung auch auf den deutschen Markt.

Misoprostol ist ein synthetisches Prostaglandin-E1-Analogon, welches die natürlich vorkommende, Wehen auslösende Wirkung des Prostaglandin E1 nachahmt. Neben einer Reihe pharmakodynamischer Wirkungen, die bei Kurzzeitbehandlung klinisch nicht bedeutend sind, wie beispielsweise Entspannung der Bronchial- und Trachealmuskeln oder Verringerung der Säure- und Pepsin-Sekretion im Magen, besitzen Prostaglandine der F- und E-Reihe die Eigenschaft, in vivo die Zervixreifung und Uteruskontraktion zu aktivieren. Letztere wird als relevanter Wirkmechanismus für die klinische Wirkung von Angusta® angenommen.

Wie anfangs bereits erwähnt, ist der Einsatz des Wirkstoffes Misoprostol in der Geburtseinleitung nicht neu. Bereits seit Jahren wurde das Arzneimittel Cytotec® in der Geburtshilfe im Off-Label-Use eingesetzt. Erst im März 2020 informierte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erneut in einem Rote-Hand-Brief über die damit verbundenen Risiken. Es gab vermehrte Meldungen über schwere gynäkologische Nebenwirkungen, wie Uterusrupturen oder exzessive uterine Tachysystolien. Gleichwohl kam es zu Nebenwirkungen im Zusammenhang mit Anwendungsarten abseits der peroralen Zulassung (z.B. rektal) sowie aufgrund unzulässiger Teilung der Cytotec®-Tablette (200 µg) und der damit verbundenen ungenauen Dosierung, für eine in der Geburtshilfe zu verwendende Dosis von 25–50 µg Misoprostol.  

Mit der Zulassung des Präparates Angusta® steht nun erstmalig in Deutschland eine geeignete abgeteilte Darreichungsform für die geburtshilfliche Anwendung im In-Label-Use zur Verfügung. Eine Tablette Angusta® enthält 25 µg Misoprostol und je nach Krankenhauspraxis wird die orale Verabreichung entweder einer Tablette alle zwei Stunden oder zwei Tabletten alle vier Stunden empfohlen. Damit entfällt auch die Notwendigkeit der unsachgemäßen Teilung der Cytotec®-Tablette. Maximal dürfen 200 µg Misoprostol innerhalb von 24 Stunden gegeben werden. Die Anwendung von Angusta® wird ab der 37. Schwangerschaftswoche empfohlen, wenn die Reife des Gebärmutterhalses unzureichend ist (Bishop-Score < 7). Die Zervix sollte vor der Anwendung sorgfältig beurteilt werden. 

 

Quellen:

[1] Fachinformation Cytotec® 200 μg Tabletten; kohlpharma; Juli 2018

[2] Produktinformation (EMA) Angusta®; Norgine B.V.; September 2020

[3] Pressemitteilung Norgine B.V.; 17. August 2020: Norgine B.V. completes important regulatory milestone for Angusta® (Misoprostol) in Europe for oral induction of Labour

[4] Veröffentlichung Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ); 07. April 2020: Stellungnahme der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft zur Anwendung von Cytotec® (Misoprostol) in der Geburtshilfe;

[5] Rote-Hand-Brief Cytotec® (Misoprostol); 16. März 2020: Risiken im Zusammenhang mit einer Anwendung zur Geburtseinleitung außerhalb der Zulassung („off-label-use“)

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