Neuer Protein­kinase­-Inhibitor bei Gallen­gangs­krebs

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Pemazyre® ist seit Mai für erwachsene Patienten mit bestimmten Gallengangskarzinomen als neue Therapieoption verfügbar.

 

Gallengangskarzinome, auch Cholioangiokarzinome genannt, sind eine Gruppe von Erkrankungen, die viele verschiedene epitheliale Tumoren umfasst. Eingeteilt werden die Karzinome nach ihrer anatomischen Lage in intrahepatische, perihiläre oder distale Cholioangiokarzinome. Diese Tumoren treten insgesamt eher selten auf. In westlichen Ländern beträgt die Inzidenz etwa 0,5 - 2 Erkrankungen pro 100.000 Personen, im Nordwesten Thailands hingegen ist diese mit etwa 100 Erkrankungen pro 100.000 Personen, deutlich höher. Dies wird endemischen parasitären Leberinfektionen zugeschrieben.

Für Patienten, deren Gallengangkarzinom eine Fibroblasten-Wachstumsfaktor-Rezeptoren (FGFR)-2-Fusion oder ein FGFR-2-Rearrangement aufweist, trotz mindestens einer vorherigen Behandlung fortgeschritten ist und für die es keine andere zugelassene Therapie gibt, stellt Pemazyre® von Incyte Biosciences nun eine Behandlungsmöglichkeit dar. Nachdem das neue Therapeutikum Pemazyre® bereits im August 2018 von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) als Arzneimittel für seltene Arzneimittel ("Orphan-Drug") ausgewiesen wurde, ist das Präparat jetzt dem deutschen Markt zugänglich.

Pemazyre® enthält den Wirkstoff Pemigatinib, einen Proteinkinaseinhibitor, der die FGF-Rezeptoren 1, 2 und 3 blockiert und so die Zellviabilität in Zellen verringert, die genetische Veränderungen von FGFR exprimieren und FGFR Punktmutationen, Amplifikationen und Fusionen oder Rearrangements aufweisen. Solche anomalen FGFR befinden sich auf der Oberfläche von Krebszellen und sind an Wachstum und Ausbreitung der Tumoren beteiligt. Durch das Hemmen dieser Rezeptoren verringert Pemigatinib das Wachstum und die Ausbreitung der Cholangiokarzinome.

Der Wirkstoff Pemigatinib wurde in einer multizentrischen, offenen, einarmigen Studie ("FIGHT-202") an 108 vorbehandelten Patienten mit lokal fortgeschrittenem/metastasiertem oder inoperabelem Cholangiokarzinom auf seine Wirksamkeit und Sicherheit untersucht. Die Patienten erhielten Pemazyre® in 21-tägigen Zyklen, bestehend aus einer oralen Gabe von 13,5 mg Pemigatinib einmal täglich über 14 Tage, gefolgt von sieben therapiefreien Tagen. Insgesamt wurde bei 37% der Patienten eine Schrumpfung des Tumors erreicht, die im Mittel ca. acht Monate anhielt - bei 3,7% der Studienteilnehmer konnte ein vollständiges Ansprechen auf die Therapie mit Pemigatinib festgestellt werden, bei 33,3% ein teilweises Ansprechen.

Die häufigsten Nebenwirkungen von Pemazyre® waren zu hohe oder zu niedrige Phosphatspiegel im Blut, Haarausfall, Diarrhö, Nageltoxizität, Ermüdung, Übelkeit, Geschmacksstörungen, Stomatitis, Obstipation, Gelenkschmerzen, Mund-, Augen- und Hauttrockenheit sowie Ausschlag und Taubheitsgefühl an den Handflächen und Fußsohlen. Unter den schwerwiegenden unerwünschten Arzneimittelwirkungen kam es am häufigsten zu Hyponatriämie und einem Anstieg des Kreatinins im Blut. Die Behandlung kann so lange fortgesetzt werden, wie sie für den Patienten von Nutzen ist und die Nebenwirkungen kontrollierbar sind.

Die Europäische Arzneimittelagentur gelangte zu dem Schluss, dass der Nutzen von Pemazyre® gegenüber den Risiken überwiegt und dass es in der Europäischen Union zugelassen werden kann. Die Zulassung wurde unter „Besonderen Bedingungen“ erteilt und es werden noch abschließende Ergebnisse der Hauptstudie zur Sicherheit und Wirksamkeit sowie die Ergebnisse einer Studie, in der Pemazyre® mit Gemcitabin und Cisplatin bei Patienten mit neu diagnostiziertem Gallengangkarzinom verglichen wird, vom pharmazeutischen Unternehmer vorgelegt. Die EMA wird jedes Jahr sämtliche neuen verfügbaren Informationen prüfen.

 

Quellen:

[1] Produktinformation (EMA) Pemazyre® 4,5/9/13,5 mg Tabletten; Incyte Biosciences; 04. Mai 2021
[2] Veröffentlichung (Medicine Overview) EMA; 04. Mai 2021: Pemazyre®
[3] Rizvi S. et al. Cholangiocarcinoma — evolving concepts and therapeutic strategies.; Nat Rev Clin Oncol.; Februar 2018 ; 15(2): 95–111. doi:10.1038/nrclinonc.2017.157.

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